Von Jägern und Gejagten
Biomonitoring in Grünhaus 2016/2017
18. Oktober 2017 – Einträchtig sitzt das Seeadlerpaar am Ufer und beobachtet das ohrenbetäubende Geschnatter der Gänse, die zu Tausenden auf dem großen Flachwassersee in Grünhaus rasten. Ihr Nachwuchs nutzt derweil das Zugvogelspektakel und versucht ungeduldig an einige Gänse heranzufliegen. Doch an diesem Tag hat der junge Seeadler kein Glück bei der Jagd. Denn wer ein erfolgreicher Jäger werden will, muss warten können.
Mit seinen großen Seen bietet das Niederlausitzer Naturparadies Grünhaus ideale Lebensräume für Greifvögel wie den Seeadler. Auch Kraniche und nordische Gänse nutzen die Gewässer zunehmend als Rastplatz auf ihrem langen Weg nach Süden. Zum ersten Mal widmet sich der jährliche Biomonitoringbericht deshalb umfassend dem Rastgeschehen in dem ehemaligen Tagebaugebiet bei Finsterwalde.
1.700 Kraniche und 6.000 Gänse pro Tag
Zum Höhepunkt des herbstlichen Vogelzugs Mitte Oktober 2016 zählten unsere ehrenamtlichen Kranichbeobachter 1.700 Vögel in der Rastregion um Grünhaus. Vorzugsweise nutzen sie die ehemaligen Klärteiche östlich von Grünhaus, die bereits seit über 30 Jahren als Schlafplätze genutzt werden und dank den umgebenden Bäumen vor Wind und Wetter geschützt sind. Daneben nutzen die Kraniche fünf weitere Schlafplätze in der Region, wie die Seeteichsenke mit bis zu 1.000 Kranichen pro Nacht.
Saat- und Blässgänse übernachteten hauptsächlich auf dem abgelegenen See „Schwarze Keute“, der sich erst 2014 im östlichen Teil von Grünhaus gebildet hat. Rund 4.500 Gänse beobachteten unsere Vogelforscher hier an einem Herbsttag. Vermutlich bietet das neu entstandene Gewässer mehr Ruhe als der große Bergheider See und besseren Schutz vor Räubern. Denn Fuchs & Co. können sich an dem vegetationsarmen Ufer kaum verstecken. Insgesamt rasteten Mitte Oktober 2016 etwa 6.000 Saat- und Blässgänse in der Rastregion Grünhaus.
Seeadler fühlt sich ganzjährig in Grünhaus wohl
Der Seeadler ist einer der am häufigsten beobachteten Greifvögel im Naturparadies Grünhaus. Er nutzt das ehemalige Tagebaugebiet ausschließlich zur Nahrungssuche und brütet in der weiteren Umgebung von Grünhaus. Denn noch fehlen in der jungen Wildnislandschaft hohe Altbäume, die einen schweren Adlerhorst tragen können. Bis zu drei Seeadler beobachteten unsere Feldforscher gleichzeitig, vermutlich jagen sechs Tiere das ganze Jahr im Gebiet.
Im Winter fressen sie vorwiegend Aas, beispielsweise von großen Säugern wie Rothirsch und Wildschwein, oder erbeuten auch mal einen Feldhasen. Während des herbstlichen Vogelzugs nutzen sie die günstige Gelegenheit und jagen kranke, flugunfähige Wasservögel sowie Jungvögel. So sitzen sie manchmal stundenlang am Ufer und warten geduldig bis der richtige Zeitpunkt zum Angriff gekommen ist…
Weitere Informationen
Derzeit ist wieder das großartige Schauspiel ziehender Kraniche am Himmel über Hessen zu sehen. Aufmerksame Naturfreunde konnten bereits erste laut trompetende „Glücksvögel“ auf ihrem Zug nach Süden beobachten. Melden Sie uns Ihre Kranich-Beobachtungen! Mehr →
Im Juni 2015 hat der NABU-Dachverband BirdLife International eine Rote Liste der bedrohter Vogelarten in Europa vorgelegt. Danach sind Erfolge bei der gezielten Rettung seltener Arten zu beobachten. Ehemals häufige Arten nehmen jedoch ab, weil ihnen zunehmend Lebensraum verloren geht. Mehr →